Friedrich Riess denkt in Generationen
Das Familien-Unternehmen RIESS KELOmat blickt auf eine fast 500-jährige Geschichte zurück. Mit dem Thema erneuerbare Energie und Energieeffizienz beschäftigt man sich seit nahezu 100 Jahren und setzt dabei vor allem auf eigene Lösungen.
Welche wichtigen Maßnahmen haben Sie im Bereich Energieeffizienz in den letzten Jahren gesetzt?
Wir sind laufend dabei, den Energieeinsatz effizienter zu machen und zu optimieren. Ein wichtiges Beispiel ist unser Brennofen, unser energieintensivster Produktionsschritt. Hier bringen wir die verwendete Energie gleich dreimal zum Einsatz. Beim Brennvorgang im Umkehr-Emaillierofen, bei dem die einlaufende kalte Ware durch die auslaufende heiße Ware erwärmt bzw. umgekehrt die heiße Ware durch die kalte Ware im Gegenstromprinzip gekühlt wird. Im zweiten Schritt wird die Abwärme aus dem Brennofen über den Wärmetauscher in den Trockenofen geführt und kommt dort ein weiteres Mal zum Einsatz. Die Abwärme aus dem Trockenofen wirkt dann im dritten Schritt an der Hallendecke als zusätzliche Lufttrocknung bzw. im Winter, wenn es kalt ist, als Heizung: Langsam laufende Ventilatoren drücken die Luft von der Decke auf den Boden und wärmen dort die Mitarbeiter.
Auch bei der elektrischen Heizung in anderen Abteilungen haben wir die Energienutzung optimiert. Anstatt Lüftungen, die warme Luft im Raum oben abgeben, haben wir einen eigenen Heizungswärmetauscher installiert, der mit Stoffschläuchen warme Luft bis an den Boden leitet und unten am Boden gleichmäßig verteilt. Die warme Luft steigt langsam auf und verursacht dadurch bei geringerer Raumtemperatur ein besseres Wärmeempfinden wie beispielsweise bei einer Fußbodenheizung.
Sie gehen auch bei Ihren Produktionsmaschinen einen eigenen Weg.
Ja, wir setzen auch bei unseren Maschinen auf den effizienten Einsatz von Ressourcen. Wir haben beispielsweise zwei ältere Maschinen auf moderne Sicherheitsstandards umgebaut, anstatt neue Maschinen zu kaufen. Diese beiden Maschinen, die mit Schwungmasse-Speicher arbeiten, benötigen nur ein Zehntel an Energie im Vergleich zu modernen Maschinen, die am neuesten Stand der Technik sind.
Warum sind Sie High Tech-Lösungen gegenüber skeptisch?
High Tech-Lösungen vergleiche ich gerne mit einem Smartphone. Wenn ich ausschließlich telefonieren und ab und zu eine SMS schicken möchte, dann genügt ein einfaches Telefon, das von der Kapazität, der Leistung und dem Preis darauf optimiert ist. Kauft man sich ein Smartphone, kann man unglaublich viel mehr machen und hat zahlreiche Funktionen. Wenn ich diese Zusatzfunktionen jedoch nicht nutzen will, bezahle ich bei einem Smartphone Leistungen, die ich nicht brauche.
Das Prinzip funktioniert bei uns ähnlich. Wir sagen, wir wollen nicht alles haben, was möglich ist, sondern genau das, was für uns notwendig ist. Wenn wir das nicht kaufen können, dann entwickeln wir es selber. So haben wir unseren Umkehr-Emaillierofen mit unserer Technik, mit unserer Mannschaft, mit unseren Lieferanten auf unsere Bedürfnisse abgestimmt, weil das, was es standardmäßig zu kaufen gab, unseren Notwendigkeiten nicht entsprochen hat.
Wie gehen Sie mit der Digitalisierung in der Produktion um?
Genau gleich. Alle unsere Auftragsmaschinen sind Eigenentwicklungen. Bei der ersten Maschine hatten wir eine Entwicklungszeit von drei Jahren. Wir haben Schritt für Schritt definiert, wie die Prozesse funktionieren sollen, um die beste Qualität bei über 500 verschiedenen Artikeln zu erreichen. Das bedeutet, jede Maschine hat ein Programm, das genau weiß, wann, wie und wo muss die Maschine drehen, kippen, umdrehen, wie schnell soll das sein usw. Ziel muss immer sein, die beste Produktqualität zu erreichen.
Standardmaschinen können das nicht, Artikelvielfalt und Kleinserien erfordern ein hohes Maß an Flexibilität. Wir müssen oft zwei bis dreimal am Tag umrüsten, die Maschine muss daher mit schnellen Wechselfunktionen ausgerüstet sein. Auch die Programmierung muss schnell umstellbar sein damit sie innerhalb kürzester Zeit bereit ist, die nächste Kleinserie zu fahren. Das kann man nicht mehr kaufen. Viele der Zulieferfirmen haben sich darauf spezialisiert, Maschinen zu entwerfen, die große Serien produzieren. Individualität und Flexibilität sind auf diesem Weg verloren gegangen. Es bleibt uns daher gar nichts anderes übrig, als unsere eigenen Maschinen zu entwickeln. Dabei denken wir das Thema Energieeffizienz immer mit. All das machen wir mit großer Leidenschaft.
Welche Maßnahmen würden Sie sich von der Politik wünschen?
Ich wünsche mir ordentliche Rahmenbedingungen für österreichische Unternehmen. In Österreich produziert man mit hohen Kosten, hat hohe Auflagen, vieles davon ist sinnvoll. Richtig ärgerlich wird es jedoch, wenn diejenigen das nicht wertschätzen, die für diese hohen Kosten verantwortlich sind. Wenn sich beispielsweise die Republik Österreich bei Anschaffungen für billigere Produkte vom ausländischen Mitbewerber entscheidet mit der Begründung, Kosten sparen zu müssen. Da denke ich: Mein billiger Konkurrent im Ausland profitiert von Aufträgen vom österreichischen Staat und ich finanziere ihn mit meinen Steuergeldern. Das verstehe ich nicht. Man sollte die Arbeit im Land lassen und schauen, dass die Produktion, die Wertschöpfung auch wertgeschätzt wird.
Diese Forderung an die Politik wird von vielen Unternehmen ähnlich formuliert.
Ja natürlich, es geht ja allen gleich. Bei einer Produktion in Österreich liegen hohe Kosten dahinter, von der Manufaktur bis hin zu den Personalkosten. Diese höheren Kosten kommen ja nicht dem Unternehmen zugute. Wir zahlen bis hin zur Kommunalsteuer bei jedem Produkt fast 80 % in das öffentliche Finanzbudget. Wenn sich also die Einkäufer für das billige Produkt aus dem Ausland entscheiden, dann wird zwar ausgabenseitig gespart, einnahmenseitig bekommt der Staat jedoch nur die "billigen" 20 % Mehrwertsteuer. In der gesamten Wertschöpfungskette wird für den Staat, für das Land, für den Bezirk, für die Gemeinde nichts beigetragen. Es gehört bewertet, wie hoch die Wertschöpfung eines Produktes ist, das im Land gemacht wird. Hier ist noch viel zu tun.